Immer auf der Suche bleiben

Künstlerische Arbeit ist immer wieder von Auf und Ab bestimmt. Bei mir auch.

Ich bin mal wieder festgesteckt, festgefahren gewesen in meinem Atelier.

Zu viele hemmende Gedanken: Wo ist der Rote Faden? Was ist wichtig? Wie werde ich dem Ort gerecht? Seinen BewohnerInnen gar?

Ein großes angefangenes Landschaftsbild genervt weggestellt. Für das Bild vom Dorfladen endlich einen spannenden Blickwinkel gefunden, es in mühsamer Arbeit beendet, aber viel zu brav, fand ich.

Burgfelden-Dorfladen-1-Ausschnitt Burgfelden-Dorfladen-2-Ausschnitt

Zwei Sachen halfen mir weiter: Das Gespräch mit meiner Schwester, die mich besucht hat. Sie ist auch Künstlerin, und wir können wunderbar miteinander reden. „Du warst schon freier in deiner Arbeit“, sagte sie. Und ich wusste, das stimmt. Wir sprachen über Erwartungen von außen und Zwänge, die wir uns selber auferlegen, die uns blockieren. Sie machte mir Mut, diese Blockaden zu durchbrechen. Das andere war ein Projekt, an dem ich mich beteilige: Künstlerische Dialoge zwischen Menschen mit und ohne geistige Behinderung. Die Kunst von Menschen mit geistigen Behinderungen finde ich immer wieder total spannend und bereichernd! Das Bild einer Frau, das ich mir für meinen Dialog ausgesucht habe, stellt Häuser dar, auf eine wunderbar schlichte Weise gemalt: Hauswände, Fenster, Dächer und der Hintergrund sind einfache, aber lebendig gemalte farbige Flächen, die gleichberechtigt nebeneinander stehen. Von diesem Bild inspiriert, habe ich den Dorfladen samt Zaun ein zweites Mal gemalt, es hat großen Spaß gemacht! Ohne zu denken, wie passt das z.B. zu den anderen schon gemalten Bildern, einfach machen, genießerisch, kindlich, frei.

Das Bild fällt aus dem Rahmen neben meinen bisherigen Albstadt-Bildern, aber ich mag es gerne.

Die Frage ist ja auch: was ist der Rahmen? Wie eng stecke ich ihn? Will ich mich einengen lassen? Und es ist nicht so, dass ich noch nie in dieser Richtung gemalt hätte. Auf der Suche nach Abstraktionsmöglichkeiten haben mich z.B. schon sehr lange immer wieder auch Kinderbilder inspiriert. Aber ich vergesse es auch immer wieder, verrenne mich in alten Naturalismus- oder sonstigen Mustern. Und dann fehlt die Traute für einen radikalen Bruch, zumal mitten in einem Projekt: „ich kann doch nicht plötzlich…“ Doch, ich muss, sonst bleibe ich stehen!

Auch das nächste Bild, das viel kompliziertere Motiv eines „Kreiselheiers“ in einem Hallentor, habe ich sehr enthusiastisch gemalt, mit aus obiger Erfahrung schöpfend. Endlich ist sie wieder da, die Schaffensfreude, die ich vermisst hatte! Ich finde das Bild gelungen, lebendig. Doch schon das darauffolgende Bild, das ich mir vornehme, funktioniert nicht, wie ich gehofft hatte. Ein 70er-Jahre Einfamilienhaus, dunkelbraun-weiß, mit einem bunten Sonnenschirm auf der Terrasse. Das Bild, das ich davon male, wirkt wie eine 70er Jahre-Illustration. Das passt zwar, ist aber irgendwie nicht meins. Erstmal wieder Frust.

Nun heißt es: weiter suchen. Auf Eingebungen hoffen. Anderes Motiv? Welchen Blick auf das Motiv wähle ich? Und wie setze ich es um? Jede Ecke, jedes Gebäude hat seine eigene Ausstrahlung, die auf mich wirkt. Wie ich das eine male, kann ich das andere nicht unbedingt malen. Ich werde ihm sonst vielleicht nicht gerecht.

Wo der Rote Faden ist, merke ich immer wieder, sollte ich nicht zu früh zu fest legen. Es grenzt aus, bremst meinen Ideenfluss. Weniger Denken, mehr nach dem Herz gehen, wohin zieht es mich, ist die Devise. Der Rote Faden zeigt sich irgendwann von selber.

Auch zuviel Ehrfurcht, z.B. vor Idyllen, kann hemmend wirken. Ich brauche für meine Arbeit Reibungen und Brüche. Es ist deshalb gut, länger an einem Ort zu sein, um seinen Alltag kennenzulernen. Denn jeder Ort hat sie, diese gewissen Stellen, die mich interessieren. Auch Burgfelden. Auch wenn man sie dort vielleicht mehr suchen, genauer hinschauen muss. Und sich mehr trauen muss, sie ins Bild zu setzen. Sie sind ja nichts Schlechtes, sie sind das Leben, sie gehören dazu. Das will ich ja zeigen. Wenn sich ein Roten Faden in den letzten Jahren herauskristallisiert hat, dann ist es vielleicht der, dass die Botschaft meiner Bilder ihre Alltäglichkeit ist.

Ich habe heute morgen den Schatten eines Baumes an einem Schuppen gesehen. Ein Motiv, das in seiner Schlichtheit schön ist. Vielleicht werde ich ihn als nächstes malen? Wie? Das werde ich sehen, wenn ich es tue.