Schrift und Bild

Wieso habe ich eigentlich während meines Margrethausen-Aufenthaltes nichts darüber geschrieben, dass ich dort einmal Stift war, als Schilder-Lichtreklame-Hersteller- bzw. Werbetechnik-Azubi? Wo das doch eigentlich zu meiner Albstädter Geschichte gehört… Anfang der 90er war das. Fertig gemacht habe ich die Ausbildung damals nicht, aber ich habe in den 1 1/2 Jahren viel gelernt, was mir bis heute wichtig ist, v.a. den Umgang mit Schrift.

albstadt-schild-3Man denkt ja erst mal, Schrift ist Schrift, die braucht man halt, um etwas mitzuteilen und zu lesen. Aber Schrift ist viel mehr. Sie zeigt Geschichte, denn in jeder Zeit sind andere Schrifttypen Mode. Wer sich damit befasst, kann z.B. anhand des Schriftzuges über der Tür sehen, ob ein Geschäft aus den 70er oder 50er Jahren ist. Oder an Verpackungen oder Zeitschriften.

Schriftzeichen verorten das Motiv auch in den Alltag, v.a. wenn sie Brüche verursachen, z.B. zwischen alten Gebäuden und modernen Schrifttypen. Schilder stören für manches Auge die Bildidylle, für mich sind sie gerade deshalb willkommen. Ein P-Verbotsschild ist heute völlig alltäglich und normal. Wenn ich es vor dem alten Mühlhaus platziere, bzw. es von dort in mein Bild übernehme (wie in meinem zuletzt gemalten Lautlinger Bild), zeige ich, das istalbstadt-schild-1 nicht einfach ein schönes, altes Haus, sondern es besteht jetzt und es hat neben seiner Geschichte einen heutigen Alltag. Das dortige P-Verbotsschild wechselte übrigens auch innerhalb einiger Wochen sein Aussehen. Als ich mein erstes Foto machte, war es noch die etwas altmodischere Variante mit einem schwarzen P auf weißem Grund in einem roten Kreis, durchgestrichen. Etwas später war dann das heute übliche rot-blaue Schild aufgestellt. Ich entschied mich beim Malen für die rot-weiße Variante, weil sie markanter und klarer ist, sowohl in der Form als auch in der Farbe.

Schrift ist für mich also auch Gestaltungselement. Ein Buchstabe oder eine Zahl hat eine Form und eine Farbe, ein Schriftzug natürlich ebenso. Diese Formen und Farben bestehen neben anderen im Bild, im Kontrast, als Unterbrechung oder als rhythmusgebendes Element.

Ein weiterer Aspekt von Schrift im Bild kann ein Bildwitz oder eine kritische Botschaft sein, die so erzeugt werden kann. Wenn durch die Verbindung von Schrift und Bild inhaltliche Verknüpfungen geschaffen werden, die abstrus bb-endlich-da-weboder komisch erscheinen oder auch einfach etwas Alltägliches in den Vordergrund rücken, auf das wir im Vorbeieilen gar nicht so achten. Z.B. wenn in mitten einer überwältigenden Umgebungs-Tristesse der Schriftzug „Endlich da“ (entdeckt auf einem Werbeplakat in Böblingen) erscheint, oder ein WC-Hinweisschild in einer verlassenen Einkaufspassage als letzte Beschriftung übriggeblieben ist.

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Meine Freude an der Gestaltung von Ladenfassaden oder Schaufenstern sowie an Schriftelementen überhaupt, die sich heute in vielen meiner Bilder zeigt, hat einen wichtigen Ursprung in meiner damaligen Ausbildung, wo dies zu unserem Arbeitsbereich gehörte.

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Die leere Fabrik am Bahnhof

Heute ging endlich doch noch mein Wunsch in Erfüllung, eine große leerstehende Fabrik von innen zu fotografieren. Vielen Dank an Herrn Ortwein für die Führung! Aus diesem Fotofundus werde ich noch lange schöpfen können… hier nur einige davon:

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Achja und dann war das Wetter plötzlich so mild, dass ich auch mal wieder zum Skizzieren rausgehen konnte. Der hollywood-artige Lautlingen-Schriftzug auf halber Berghöhe amüsiert mich. Wer hat den wohl da hingesetzt? Ich skizziere ihn von hinten.

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Erste Tage in Lautlingen

Der wendelige Aufgang zu meiner Wohnung befindet sich in einem Turm. Hier ist es momentan kälter als draußen. Die alten ausgetretenen Eichenstufen riechen so gut! Über meiner Wohnung im Dach eine Uhr, regelmäßig schlägt die Glocke. Es klingt, als würde eine Riesenfaust wütend auf das Gebälk schlagen. Der Blick aus meinen Fenstern auf den Schlosshof, auf die Häuser entlang der Staße weiter unten und in große alte Bäume, von denen der Sturm die albstadt-lautlingen-kueche-atelierallerletzten Blätter wirbelt, ist wunderschön. Ein Gefühl der Freiheit ist in mir, wenn ich hinausschaue. Einen ähnlichen Ausblick, ein ähnliches Gefühl hatte ich während meines Gast-Aufenthaltes 2015 im Böblinger Kunstverein, der sich ebenfalls auf dem Schlossberg befindet. Können Gedanken in solch einer Höhe weiter fliegen als unten im engen Tal? Mein derzeitiges Quartier hat einen Luxus, den ich sonst nicht hatte: eine Badewanne. Nach dem Umzug mit Schleppen, Räumen und Putzen, gönne ich mir dankbar ein heißes Bad. Die schöne Wohnung hat viele Zimmer, ist jedoch komplett leer, ich bringe meine Einrichtungsgegenstände selber mit. Ich heize natürlich nur die Zimmer, die ich brauche, eins der kalten benutze ich als Kühlschrank.

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Auf Fototour durch den Ort entdecke ich, fast unter einem beeindruckenden Baudenkmal, einem Eisenbahnviaduct mit hohen Rundbögen, ein sehr schönes Gebäudeensemble. Es steht leer und müsste dringend renoviert werden. Würdig steht es da, es hat bestimmt schon viel gesehen. Ich komme mit dem Besitzer ins Gespräch und erfahre, dass es sich um eine alte Mühle handelt. Gibt es eigentlich überall so viele Mühlen wie in Albstadt, frage ich mich. Ja, es wäre schön, die beiden Gebäude zu erhalten, aber es ist sehr viel Aufwand.

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Ich stoße auf einige Industriegebäude, teils leer, teils ungenutzt. Ich weiß, da gibt’s noch mehr von in Lautlingen, auch welche, die noch in Betrieb sind. Ich freue mich darauf, sie alle zu entdecken!

albstadt-lautlingen-strasseAn der Hauptstaße die Häuser geschwärzt vom Ruß der Auto-Abgase. Trotzdem sind sie schön. Die werden wohl nicht mehr lange stehen, meint ein älterer Herr zu mir. Ob er was darüber wüßte, frage ich ihn. Nein, aber das denke er halt. Vorstellen kann ich es mir auch, leider. Der Mann hat von meinem Projekt in der Zeitung gelesen. Ich hätte da eine wertvolle Aufgabe übernommen, sagt er.

 

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Ein kleiner Teil meiner Arbeiten zur Sichtung im Kunstmuseum Albstadt

Zwischendurch zur Katalogvorbereitung im Kunstmuseum die erste Komplett-Sichtung und Ordnung meiner bis dato entstandenen Arbeiten. An die Wände gestellt und ausgelegt füllen sie ein ganzes Stockwerk. Viel Stoff für Überlegungen und Diskussionen zwischen Dr. Mertens, Jeannette Brabenetz und mir. Wie ordnen wir die Bilder Themenbereichen zu, welche Bilder sollen große Abbildungen bekommen, welche kleine, welche müssen rausfallen, da es einfach so viele sind? Da liegt noch einiges an Arbeit vor uns, damit der Katalog rechtzeitig fertig wird. Und die erst noch zu schaffenden Lautlinger Arbeiten kommen ja dann auch noch hinzu. Auch in Lautlingen möchte ich natürlich nochmal alles geben!

Die nächste Fototour muss ich wegen Regen- und Graupel-Güssen leider abbrechen. Ich nutze die Zeit für Arbeit am PC und hoffe auf trockenere Stunden. Ein wenig heller wird es schon.

 

Von Stadtteil zu Stadtteil

Es ist schön, wie sich Albstadt nach und nach verbindet, wenn ich so von Stadtteil zu Stadtteil ziehe. Nicht nur die Straßenverbindungen zwischen den Stadtteilen und die Lage der Stadtteile zueinander hat sich mir zunehmend erschlossen. Ich lerne Menschen im einem Stadtteil kennen, die mir von Menschen in anderen Stadtteilen erzählen. Die Schwester eines Mannes im einen Stadtteil leitet z.B. eine Firma in einem anderen Stadtteil. Oder man hat die Kindheit im einen Stadtteil verbracht und wohnt jetzt in einem anderen. Man hatte meinen ehemaligen Quartiergeber früher als Lehrer. Menschen treffen sich über mein Projekt. Es werden mir Tipps gegeben, was ich mir im nächsten Stadtteil anschauen muss, wen ich treffen sollte. Aber auch ich erzähle von dem, was ich in einem Stadtteil kennen und schätzen gelernt habe, was im anderen noch nicht unbedingt bekannt ist.

So habe ich mittlerweile fast das ganze Albstädter Terrain erkundet. Ein Bild von den Querverbindungen, Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen den Ortsteilen bekommen. Der letzte größere weiße Fleck auf meiner Albstadt-Karte wartet nun noch darauf entdeckt zu werden: Lautlingen. Am 15./16. November, breche ich dorthin auf. Ich darf, sozusagen als krönenden Abschluss meiner Arbeit vor Ort, für 4 Wochen eine leerstehende Wohnung über dem Ortsamt im Lautlinger Schloss beziehen. Die Geschichte des Schlosses ist mir wohlbekannt, mein Vater, der mir seit meiner Kindheit auf unzähligen Ausflügen immer viel Kunsthistorisches und Historisches zeigte und erzählte, war mit mir natürlich auch dort und erzählte sichtlich bewegt vom Graf von Stauffenberg und seinem Attentat auf Hitler. So ist auch dieses Quartier wieder ein besonderes für mich. Ich danke der Stadt Albstadt und der as-wohnbau für Das-zur-Verfügung- Stellen der Räumlichkeit!

Aber auch bei Jutta und Heribert Diebold in Pfeffingen bedanke ich mich nochmals sehr für ihre Gastfreundschaft! Nicht nur für die liebevoll hergerichteten Räumlichkeiten, auch für gemeinsame Sonntags-Frühstücke, Gesundheitstee in Erkältungszeiten, einen eindrücklichen Spaziergang um Pfeffingen mit dem ehemaligen Alb-Guide Heribert Diebold – es war wunderbar bei Euch! Danke!

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Bevor ich Pfeffingen verlasse, werde ich noch das tun, was ich in jedem Quartier mache: ich zeichne die Räumlichkeit(en), die mich beherbergten. Diese Zeichnungen dienen unter anderem als Grundlage für die Druckgraphik, die ich nach Abschluss der Stadtteil-Aufenthalte als Sonderedition und Dankesgabe für meine Quartiergeber herstellen werde. Diese Druckgraphik wird die ganz unterschiedlichen Räume von allen 10 Quartieren in 9 Stadtteilen auf einem Blatt enthalten und so die Albstädter Stadtteile auf besondere Weise miteinander verbinden.

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Mein Pfeffinger Atelier gegen Ende meines Aufenthalts (Foto: Ava Smitmans)

 

Motive, Stimmungen, Bildgestaltung, Bildbetrachtung

Und da wurde das folgende Bild doch wieder ganz anders…

Im letzten Blog-Beitrag schrieb ich noch über das Wütendsein, das sich mitunter positiv auf die Bildgestaltung auswirkt. Ja, das ist so. Und doch kann es im nächsten Bild wieder ganz anders sein. Das liegt am Motiv. Das neue Motiv, das ich wählte, war alleine schon durch die Komposition ganz anders. Natürlich kann ich die Komposition selber bestimmen. Schon beim Fotographieren kann ich ein Bild beispielsweise in Schrägansicht oder frontal aufnehmen, was eine völlig andere Wirkung erzeugt. Schräge Linien erzeugen Unruhe im Bild. Gerade Linien, besonders wagerechte, erzeugen Ruhe. Worauf kommt es mir bei der Umsetzung ins Bild an, dementsprechend gestalte ich die Komposition.

Beim vorigen Motiv handelte es sich um eine Anhäufung von Eindrücken: Gerümpelstapel, ein Schlepper dazwischen, Bäume und Büsche in verschiedenen Herbstfarben, Hausgiebel und Dächer. Ich habe es bewusst bildfüllend mit vielen Anschnitten fotografiert, weil es mir, als ich es sah, Lust auf das Spiel mit Formen und Farben und auf das Abstrahieren des Gesehenen machte. Dementsprechend setzte ich es dann auch ziemlich wild ins Bild um.

albstadt-zapfsaeuleDas neue Motiv hatte ich mehrmals von verschiedenen Blickwinkeln fotografiert, noch unentschlossen wegen der späteren Umsetzung. Fest stand, dass mein Hauptinteresse einem Detail galt: Einer wunderschönen alten Zapfsäule. Seit ich als Kind im Wirkungskreis meines Vaters eine Ausstellung mit frühen Arbeiten von Günter Malchow sah, wo er hyperrealistisch rostige Details von Zapfsäulen ins Bild setzte, schlummern diese eindrücklich in meinem Gedächtnis samt dem Wunsch, einmal auch etwas in dieser Richtung zu machen. Das spielte sicher auch bei meiner jetzigen Motivwahl mit, auch wenn die Umsetzung denn doch eine völlig andere ist. Das nur nebenbei bemerkt. Jedenfalls hatte es mir diese Zapfsäule angetan und ich musste nun überlegen, wie ich ihre Wirkung am Besten zur Geltung bringe. Wichtig war mir, nicht nur die Zapfsäule, sondern auch die Umgebung mit darzustellen, die auf mich eine nüchterne, eintönige Wirkung hatte.

Also ruhige Bildstimmung. Die Dynamik der Schräge schloss ich beim Betrachten meiner Fotos aus, weil sie gegen diese Stimmung gespielt hätte und außerdem zu sehr vom Objekt meiner Begierde abgelenkt hätte. Abgesehen davon, dass es langweilt, immer nur Schrägansichten darzustellen. Die Farbpalette des vorigen Bildes ist sehr bunt, beim neuen Bild ist sie viel reduzierter, mit nur wenigen Akzenten. Auch das fördert eine ruhige Ausstrahlung. Beim Malen wurde mir dann auch ziemlich schnell klar, dass ich mich mit der Expressivität zurückhalten muss. Diese Zapfsäule ist für mich so schön, dass ich sie klar und deutlich und mit Details zeigen will. Keine wilden Pinselstriche, die das verdecken. Die Umgebung muss in der Malweise entsprechend angepasst werden. Es ist kein Fotorealismus, nach wie vor ist es ein Spiel mit verschiedenen Materialien, aber subtiler und feiner. Das Dach des Gebäudes, vor dem die Zapfsäule steht, hat nicht ins kleinste Detail ausgearbeitete, aber doch deutlich nachempfundene Ziegel, statt z.B. einfach Längslinien oder gar keine Struktur, oder dass es womöglich aus Wellpappe aufgeklebt worden wäre, wie in anderen Bildern von mir. Die Zapfsäule, um die es im Bild geht, ist genauer ausgearbeitet als der Rest, aber sie fällt nicht heraus. Sie ist der Star, für den seine Umgebung besteht, deren Teil sie aber auch ist.

Später bemerke ich noch: Man schaut hinter der Zapfsäule gegen eine Wand. Im Gegensatz zum vorherigen Bild, wo sich all die vielen abgebildeten Dinge räumlich staffeln bis zu einem fernen Berg, zu dem man hinspazieren könnte, wenn man es zwischen all dem Geraffel und den verwinkelten Häusern hindurch schafft. Da könnte man jetzt philosophisch werden und überlegen, dass zuviel Ruhe gegen eine Wand führen könnte und Fortkommen und Entwicklung verhindert. Während man dynamisch es schaffen kann, sich zwischen all den Dingen, die im Weg stehen hindurch zu kämpfen, bis man schließlich in neue, zuerst noch nicht sichtbare Räume gelangt. Ja, auch auf solche Gedanken könnte man bei längeren Bildbetrachtungen kommen, ich selber sehe diese dritte Ebene oft erst, wenn mein Bild fertig ist. Das ist vielleicht auch besser so, vielleicht würde es sonst zu plakativ, wenn ich gleich mit einer solchen Zielsetzung an die Arbeit gehen würde. So ist es eine Möglichkeit der Interpretation, andere sehen/fühlen vielleicht etwas ganz anderes bei der Bildbetrachtung.

Kostbare Arbeitszeit

Gleich morgens früh muss es für mich an die Arbeit gehen, da habe ich die meiste Energie. Ich schaue möglichst, dass es klappt, dass ich nach dem Spaziergang mit meinem Hund und einem kleinen Frühstück an der Staffelei loslegen kann. Manchmal kommen andere Dinge dazwischen, wie ebenfalls dringende Büro-Arbeit, Telefonate u.ä., nebenher muss ich vielleicht auch erst den Malgrund vorbereiten, dreimaliger Anstrich + Trocknungszeiten. Wenn ich zu lange nicht ans Malen komme, werde ich unleidig. Und wenn ich den Morgen verpasse, ist oft die Luft raus.

Letztens kam auch eins zum anderen, ich wollte ein neues Bild beginnen, es wurde immer später und als ich dann endlich anfangen konnte, merkte ich, die ganze Energie, Lust und Inspiration ist ffft – weg! Ich war richtig sauer. Jeder Tag zählt für mein Projekt, so viele sind es ja nicht mehr, also habe ich mich gezwungen, trotzdem zu malen. Es war eher ein wütendes Rotzen mit albstadt-bilddetail-2der Farbe und dem Stift. Es schadete aber nicht, merkte ich, denn so kam mir überhaupt nicht der Gedanke, mich zu sehr mit Details zu beschäftigen & mich darin zu verlieren, wie das manchmal vorkommt. Ich wechselte zwischen den Materialien ohne groß zu überlegen hin und her, arbeitete großflächig und expressiv. Und merkte, dass ich langsam Spaß daran fand. Ich sagte mir, ich schaffe jetzt die Grundlage für das Bild, und wenn ich nächstes Mal weitermache, kann ich darauf dann aufbauen. Diese Grundlage, das erste Anlegen des Bildes in seiner Gänze ist mitunter zäh. Wenn ich das dann habe und es ans Ausarbeiten geht, macht es viel mehr Freude. Die Grundlage darf albstadt-bilddetailnicht zu brav sein, sonst wirkt sich das auf das Gesamtbild entsprechend aus. Beim Ausarbeiten ist es schön, wenn es im Bild schon viele spannende, freie Ansätze gibt, die Lust machen, sie weiter zu verfolgen. Deshalb ist es nicht schlecht, den Anfang in wütender Stimmung zu machen, das habe ich schon öfter festgestellt.

Am Ende der ersten Arbeitsphase war ich schon ganz zufrieden mit dem oberen Bildteil, ein zentrales Bildelement fand ich völlig daneben, der untere Bildteil war noch fast leer. Weiter ging es erstmal nicht. Am nächsten Tag bin ich frühzeitig ans Werk gegangen, und konnte so gelassen und freudig auf dem Angefangenen aufbauen. Fertig ist das Bild noch nicht. Es gibt immer wieder Punkte in der Arbeit, wo es nicht weitergeht. Innere Sperren. Die Augen weigern sich, weiter zu sehen, Arm und Kopf wollen nicht mehr. Manchmal ist es überwindbar, manchmal braucht man Abstand, und es ist besser, am nächsten Tag weiter zu machen. Mit frischer Kraft und frischem Blick. Frühmorgens.

Manchmal arbeite ich bis abends an der Staffelei. Wenn dort nichts mehr geht, lockt nachmittags vielleicht noch die Sonne zu einer Skizze draußen. Vielleicht ziehe ich nochmal mit dem Fotoapparat los? Oder könnte ich mich am Tisch einer eher stillen und meditativen Zeichnung widmen? Oft schaue ich, dass ich dann meine Büro-Arbeit mache. Z.B. mich um Nachfolgeprojekte nach Albstadt kümmern oder meine Homepage aktualisieren oder einen Blogbeitrag schreiben oder… Auch für Besuchstermine ist der Nachmittag wunderbar.

Ca. 6 Wochen habe ich für meine Arbeit in den Stadtteilen nun noch. Kostbare Zeit, die mir noch bleibt! Und doch ist das so eine Sache mit der Inspiration: Erzwingen kann man sie nicht. Man kann sich zwingen, handwerklich zu arbeiten, mitunter kommt die Inspiration dann auch hinzu. Mitunter verleiht auch der Zeitdruck Inspirations-Flügel. Aber er kann genauso gut lähmen. Panik hilft da nicht, es gilt: Ruhe bewahren und sich sagen: Was geht, geht. Und: Ich bin keine Maschine.