„Es könnte schöner sein“ war der Ausruf eines Kneipenbesuchers, als er unsere schauende Ansammlung in der Weberstraße entdeckte, der letzten Station unseres AlbStadtAlb-Spaziergangs in Albstadt-Tailfingen am vergangenen Sonntag. Zuvor hatte ich bereits im Hinterhof des Maschenmuseums, am „Baro-Hochhaus“, am AC-Kaufpark und in der Lenaustraße den staunenden Teilnehmerinnen meine Beweggründe erläutert, ausgerechnet diese Orte, die allgemein eher als unschön gelten, in meinen Bildern zu verewigen. Ich gebe ihnen Raum, ja erhöhe sie, indem ich sie male, und hole sie aus ihrem Schmuddeleckendasein heraus – aber warum?
Ich zeigte am „Baro-Hochhaus“ die Spiegelungen und Durchblicke. Erläuterte, wo sich kompositorische Elemente aus Treppengeländern und deren Schatten ergeben. Die Treppe, an deren Unterseite sich blasig der Putz löst, runde Stellen bildet, die im Gegensatz zu den graden Kanten der 60er Jahre-Architektur des Gebäudes oder zum Palettenstapel unter der Treppe stehen. Der blaue Metallträger mit den braunen Rostpunkten, der seltsame blasslila Anstrich des Betons, dazu das Türkis des Grünspans der am Boden entlanglaufenden Kupferbleche. Die vielen unterschiedlichen Materialien, die aufeinandertreffen, die ich mit Freude mit meinen verschiedenen Mal-und Zeichenmaterialien umsetze.
Leider war es nicht mehr möglich, auf das Parkdeck des AC-Kaufparks zu gelangen, der bald abgerissen werden soll. Stattdessen schauten wir durch die Glastüren und ließen die einsamen Fluchten und Spiegelungen im Inneren auf uns wirken. Wir betrachten die Überbleibsel im und am ehemaligen Eiscafé St. Marco, ich wies auf die verschiedenen Beschriftungen und Aufkleber hin, auf das Wandbild im Inneren: ein Ausblick auf´s Meer zwischen Säulen, auf die übriggebliebenen Steckdosen, Schalter und Wasserhähne. Das Eiscafé ist zum Glück nur umgezogen, nicht ganz verschwunden, aber ich erzählte von meiner Wehmut, wenn ich auf solche leeren Läden stoße, von meinen Überlegungen zu Hoffnungen und Untergang, die mitspielen, wenn ich mich solchen Motiven zuwende.
In der Weberstraße und der Lenaustraße machte ich auf den architektonischen Mix, die Provisorien, auf das Gewachsene, Genutzte, die Lebensspuren aufmerksam, die mich dort faszinieren.
Es hat mich sehr gefreut, dass ich mit meinen Ausführungen auf reges Interesse gestoßen bin und die Teilnehmenden mir rückmeldeten, dass sie nun mit einem neuen Blick auf ihre Umgebung schauen. Auch wenn manches bestimmt tatsächlich „schöner sein könnte“. Ich glaube, dass es ankam, was ich versucht habe, über Schönheiten oder auch interessante Spannungsfelder zu vermitteln, die dort schlummern können, wo man sie nicht vermutet.
Am 5. Mai um 17 Uhr und am 7. Mai um 15 Uhr biete ich weitere ALBSTADTALB-Spaziergänge an, erster Termin in Albstadt-Margrethausen, Treffpunkt Ortsamt (im Kloster), zweiter in Albstadt-Ebingen, Treffpunkt Kunstmuseum. Ich freue mich auf Ihre Teilnahme!
(Fotos: Jeannette Brabenetz)